Zeitungsprojekt „Zisch“: Wichtiges Rüstzeug gegen Populismus

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Zeitungsprojekt „Zisch“: Wichtiges Rüstzeug gegen Populismus

Zeitungsprojekt Zisch: Wichtiges Rüstzeug gegen Populismus

Tageszeitungen schützen die Demokratie. Projekte wie „Zisch – Zeitung in der Schule“ können dabei helfen.

Das landesweite Projekt „Zisch – Zeitung in der Schule“ bringt Schülerinnen und Schülern den Wert guter Nachrichten näher. Das fördert Medienbildung und Lesekompetenz – und macht stark gegen Populismus.

Die baden-württembergischen Zeitungsverlage engagieren sich seit vielen Jahren mit Projekten und Kooperationen an Schulen im ganzen Land. Zisch – Zeitung in der Schule leistet Bildungs- und Aufklärungsarbeit, will Medienkompetenz und Lesefähigkeit stärken. Denn: Je früher seriöse und unseriöse Informationen erkannt und eingeordnet werden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, denn Rattenfängern des Populismus in die Fänge zu geraten. An Willen und Einsatz mangelt es nicht; ein Problem ist dennoch manchmal die Umsetzbarkeit.

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    Was ist „Zisch“?
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    Wer steckt hinter „Zisch“?
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    Der Wert des Projekts
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    Die wichtige Rolle der Lokalzeitungen

Was ist „Zisch“?

„Zisch“ steht für „Zeitung in der Schule“. Und damit ist im Grunde schon das Wichtigste gesagt: Die Zeitungshäuser des Landes kooperieren mit Grundschulen und weiterführenden Schulen und machen für den Zeitraum des Projekts Journalismus zum Anfassen. Wie das umgesetzt wird, ist von Zeitung zu Zeitung und von Schule zu Schule unterschiedlich. „Im Idealfall wird das Projekt von den Lehrkräften vorbereitet und in den Unterricht integriert – auch über den eigentlichen Projektzeitraum hinaus“, so Markus Weckesser vom Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger e.V. (VSZV). „Schülerinnen und Schülern soll vermittelt werden, wie eine Zeitung aufgebaut ist, wie sie entsteht, welche unterschiedlichen Textformen es gibt. Die Schule kann eine Zeitung abonnieren und jeden Morgen gemeinsam lesen, zudem sind Besuche von Redakteurinnen und Redakteuren oder Verlagsbesichtigungen möglich.“

Jedes Jahr nehmen zwischen Mannheim und Leutkirch, Lörrach und Crailsheim mehr als 3000 Schulklassen und 60.000 Schülerinnen und Schüler an Projekten wie „Zisch“ teil. Die Ausführung mag unterschiedlich sein, aber die Wirkung ist stets dieselbe: Lese- und Medienkompetenz der heranwachsenden Generation soll gesteigert werden, die Schulen sollen in dieser verantwortungsvollen Aufgabe unterstützt werden. Denn: „Medienkompetenz stärkt die Gesellschaft. Und je früher man damit anfängt, desto besser.“ Einige Projekte finden deswegen bereits in Kindergärten statt.

Wer steckt hinter „Zisch“?

Die Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu aufmerksamen Zeitungslesern und damit zu verantwortungsbewussten und demokratisch denkenden Erwachsenen ist eine Mammutaufgabe. Die zu bewältigen ist für Schulen allein kaum zu stemmen. Deswegen agiert Weckesser vom VSZV als Schnittstelle zum Verband, stellt mögliche neue Modelle vor und bringt Partner zusammen. „Es ist eine ideelle Arbeit, die keiner Zeitung neue Abonnenten bringt“, stellt er fest. „Es geht um etwas ganz anderes, viel wichtigeres. Und das ist auch der Politik klar. Winfried Kretschmann beispielsweise ist ein großer Fürsprecher der Tageszeitungen im Land. Die sogenannte Medienkompetenz sei ja auch im Koalitionsvertrag verankert", ergänzt er. Dabei gehe es vor allem darum, Medienkompetenz erlebbar zu machen. Und das bedeutet, dass man Kinder und Jugendliche gezielt an dieses Medium heranführen muss, weil viele die klassische Tageszeitung gar nicht mehr kennen.

Einige Zeitungen im Land engagieren sich deswegen schon seit über 30 Jahren mit Projekten an Schulen. Seither haben sich die Dinge entwickelt und es sind über die Jahre immer mehr Zeitungshäuser dazugekommen. „Denn dass es eine gute Idee und eine wichtige Sache ist, das ist allen klar“, so Weckesser.

Der Wert des Projekts

Das Projekt „Zisch“ möchte vor allem aufzeigen, dass Tageszeitungen sichere und seriöse Informationsquellen sind. „Zisch trainiert das Erkennen von seriösen und im Idealfall auch das Enttarnen von unseriösen Informationen. Das ist Medienbildung in Reinform“, nickt Weckesser und fügt an: „Eine funktionierende Demokratie braucht informierte Menschen. In Zeiten von Fake News und KI scheint es wichtiger denn je, die Schülerschaft an das Medium Tageszeitung heranzuführen – und da ist es prinzipiell egal, ob Print oder Digital. Gerade im Hinblick auf die Kommunalwahl und die Europawahl ist es wichtig, herauszufinden, wie und wo sich junge Menschen heute informieren. Zisch will die Neugier wecken und aufzeigen, wie wichtig es ist, informiert zu sein – und wenn es über den TikTok-Kanal der Tagesschau ist.“

Neben der Medienkompetenz geht es bei „Zisch“ noch um ein anderes großes Thema – Lesebildung. Die PISA-Studie 2022 hat offengelegt, dass in Deutschland nur rund 75 Prozent der 15-Jährigen das Mindestniveau erreichen. Soll heißen: Sie sind in der Lage, die Hauptaussage eines mittellangen Textes zu erfassen. Im Vergleich zur Studie 2018 ist das ein Anstieg von fünf Prozent. Auch hier sind die Tageszeitungen gefragt. Und auch da gibt es viele sinnige Ansätze. Weckesser: „Einige Tageszeitungen im Land haben täglich oder zumindest wöchentlich eine Kinderseite im Blatt, auf der Nachrichten kindgerecht aufbereitet werden.“ So kann der Nachwuchs im Idealfall an wichtige aktuelle Themen herangeführt werden ohne dafür einen Duden bemühen zu müssen.

Die wichtige Rolle der Lokalzeitungen

Tageszeitungen spielen bis heute eine integrale Rolle in der seriösen Informationsbeschaffung. Eine aktuelle Studie zeigt jetzt aber sogar, wie integral die Rolle gerade der Lokalzeitungen im Hinblick auf den aufkeimenden Populismus ist: Eine Untersuchung des Journalisten und Sozialwissenschaftlers Maxim Flößer kam zu dem Ergebnis, dass das Fehlen von Lokalzeitungen das Erstarken populistischer Kräfte begünstigt. „Uns beim Journalistenverband wundert es nicht, dass die Demokratie vor allem dort in Gefahr gerät, wo es keine Medien mehr vor Ort gibt“, so äußert sich Markus Pfalzgraf, Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbands Baden-Württemberg, gegenüber der Kontext Wochenzeitung. Für ihn sind Politik und Medienhäuser in der Pflicht, zu garantieren, „dass es Qualitätsjournalismus auch auf lokaler und regionaler Ebene gibt.“ Was passiert, wenn das verloren geht, zeigen unter anderem die USA. „Dort gibt es schon lange ein Sterben der kleinen Regionalzeitungen, und in diesen Gebieten steigen Gewaltdelikte und Korruption der Verwaltung spürbar an“, betont auch Weckesser.

Nicht alle Entwicklungen können aufgehalten werden. Beeinflusst aber eben schon. Daher appelliert Markus Weckesser ganz klar an die Verlage und an die Schulen. „Sie haben es in der Hand. Es lohnt sich! Medienkompetenz stärkt die Gesellschaft. Und je früher man damit anfängt, desto besser.“

Weitere Informationen:

Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger e.V.
Calwer Straße 31
70173 Stuttgart

Markus Weckesser
vszv@vszv.de

Stand: April 2024

Weiterführende Informationen

Über den Autor

Björn Springorum ist freier Journalist und Schriftsteller. Er schreibt u.a. für die Stuttgarter Zeitung, den Tagesspiegel und konzipiert Comic-Geschichten für “Die drei ???". Als Schriftsteller hat er bislang fünf Kinder- und Jugendbücher verfasst. Zuletzt erschienen: “Kinder des Windes" (2020), Thienemann Verlag. Er lebt in Stuttgart.